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 kalligraphie

Vom Sammler zum Kalligraphen geworden ist Martin Heickmann. Er rührt sogar seine Tinte selbst an. (Foto: Kempin)

 

 

 

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26.07.2016 Martin Heickmann hat im Alpetal ein Museum für die Schreibkultur eröffnet (Bericht OVZ von Reiner Thies)
WIEHL. ORIGINALBERICHT DER RUNDSCHAU

Nur auf den ersten Blick ist die "Kunst des Schönschreibens" ein Thema für Spezialisten. Es ist ein weiter, ein geradezu unendlicher Kosmos, der sich dem Besucher in den Räumen des alten Hauses öffnet. Technik, Wirtschaft, Natur, Literatur und Kunst - um all das geht es im kalligraphischen Atelier und Museum von Martin Heickmann.

Vor einem Jahr haben Heickmann und seine Frau Anne das alte Kirchgut Koppelweide übernommen. Der Hof wurde 1555 erstmals urkundlich erwähnt, der Johanniterorden gründete hier einst die erste Fischzucht im Alpetal. Später war das Haus die Dienstwohnung des Pfarrers, schließlich über viele Jahre eine Gastwirtschaft. Zuletzt stand das Gebäude leer. Die Heickmanns stießen auf das lauschig gelegene Anwesen, als sie sich von Münster aus auf die Suche nach einem neuen Wohnsitz machten. Ein wichtiges Kriterium war dabei, dass genug Platz für die umfangreiche Sammlung von Schreibutensilien vorhanden sein musste. Im Juni haben die Heickmanns dort ihr Privatmuseum eröffnet. "Das Haus ist über viele Jahre ein Ort der Gastlichkeit gewesen", sagte Martin Heickmann bei der Einweihungsfeier. "Mit der Eröffnung von Atelier und Museum kehrt wieder Leben in dieses Haus zurück."

Wer die ehemaligen Restauranträume betritt, trifft zuerst auf eine Glasvitrine mit Schreibwerkzeug aus der Antike. Das römische Wachstäfelchen samt Stilus ist eine frühe Form des Notizbüchleins. Zu sehen sind zudem Schreibfedern aus Metall, die Martin Heickmann mit handwerklichem Geschick den altrömischen Vorbildern selbst nachgebildet hat.

Man lernt: Heickmann ist ein experimenteller Forscher, er macht sich die alten Techniken des Schreibens mit seinen Händen begreiflich. Er kann auch mit den verschiedenen Gerätschaften umgehen, mit denen man Gänsefedern anspitzt. Noch bis weit ins 19. Jahrhundert machte man sein Schreibgerät mit einem Federmesser zurecht. Heickmann stellt sogar seine Tinte selbst her, etwa aus Walnüssen, was ihm die Aura eines mittelalterlichen Alchimisten verleiht.

Mit dem Sammeln angefangen hat er 1990. Eine Fachzeitschrift machte Martin Heickmann damals auf die Schreibfeder als Sammelobjekt aufmerksam. Eine Ausstellung im niedersächsischen Museumsdorf Cloppenburg leistete ein übriges. Über eine Zeitungsannonce eröffnete sich die Gelegenheit, die Sammlung eines ehemaligen Mitarbeiters der Bonner Büroartikelfirma Soennecken zu erwerben. Heickmann griff zu und legte den Grundstock für seine eigene Sammlung. Auf Trödelmärkten, Antiquitätenmessen und im Internet fand er weitere "Werkzeuge des Geistes", wie er die Schreibfedern nennt. Dazu kamen bald Federkiele, Tintenfässer, Werbeartikel und vieles mehr, was zum Thema passt.

In den Regalen finden sich außerdem wertvolle Schreibmeisterbücher aus dem 17. und 18. Jahrhundert, in denen die akkurate Gestaltung der Buchstaben und ihre verschwenderische Ausschmückung gelehrt wird. Beim Sammeln begann sich Heickmanns Interesse nämlich zu verlagern. "Ich kam irgendwann auf den Gedanken: Die Dinger sind zum Schreiben da." In Kursen und mit viel Übung bildete er sich zum Kalligraphen aus. Im Beruf musste der frühere Manager bei einer Logistiktochter der Deutschen Bahn nicht auf sein Schriftbild achten: "Wenn ich etwas notiere, habe ich immer noch eine Sauklaue."

Nun lernte er das Schreiben noch einmal ganz von vorn.
"Buchstaben sind praktische und nützliche Zeichen, aber ebenso reine Form und innere Melodie", ist an der Wand des Ateliers zu lesen. "Schreiben bedeutet ja nicht, dass man nur die Finger bewegt. Es passiert auch etwas im Kopf", sagt Martin Heickmann.

Am Anfang einer kalligraphischen Arbeit steht der Text. In seinem dem Museum angegliederten Atelier hat Heickmann Zugriff auf ein Bücherregal mit nützlichen Quellen wie den "Geflügelten Worten" von Büchmann und anderen Zitatsammlungen. Wenn Heickmann die Buchstaben dann mit mutigem Schwung und ruhiger Konzentration aufs Papier bringt, sei das "natürlich auch ein Stück Meditation", sagt er. Das alte Kirchgut in Alpetal, auf dem einst die Ordensbrüder lebten, ist sicher der richtige Ort dafür.

Schreiben bedeutet ja nicht, dass man nur die Finger bewegt. Es passiert auch etwas im Kopf.

Martin HEICKMANN über die Kalligraphie
ATELIER UND MUSEUM
Die Ausstellung im alten Wiehler Kirchgut (Marienhagener Kirchgut Anm. HVV) , Koppelweide 2, ist vor allem an den Wochenenden häufig geöffnet. Ein - natürlich schön gestaltetes - Schild weist den Wanderer darauf hin. Der Eintritt ist frei. Martin Heickmann führt Besucher auch nach Terminvereinbarung durch seine Sammlung. Er ist zu erreichen unter (0 22 62) 7 51 05 90 und per E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!. Schulklassen sind willkommen. Heickmann zeigt den Kindern gern, wie man mit einer Feder schreibt. Wenn sich eine entsprechende Teilnehmerzahl zusammenfindet, will er auch kalligraphische Workshops für Erwachsene anbieten. (tie)

 Infos zum Johanniterorden der Koppelweide 

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